Ein Grundstück, zwei Projekte: Ruheplatzstraße 12

von Dominique Hensel

Fast alle Baulücken und einstigen Brachen im Zentrum Berlins sind inzwischen verschwunden und bebaut. Und es besteht weiterer Bedarf in der wachsenden Stadt: gebraucht werden Wohnungen, Gewerberäume, Flächen für kleineres und größere Firmen, Platz für Schulen, Kitas und für Sport und vieles mehr. Wenn es um die wenigen freien Flächen geht, gibt es immer viele Ideen und Wünsche, was damit geschehen soll. Auch im Quartiersmanagementgebiet Pankstraße gibt es solche Flächen, zum Beispiel in der Ruheplatzstraße 12. Hier der erste von zwei Texten über das Grundstück: der Gemeinschaftsgarten Himmelbeet.

himmelbeet sommerBlick in den Gemeinschaftsgarten im Sommer. Foto: HenselSeit 2013 bewirtschaften die Gärtner des Himmelbeets die einstige Brache am Leopoldpatz. Neben der Arbeit mit und in den Hochbeeten gibt es ein verpackungsarmes Café und viele Projekte und Kurse mit den Nachbarn sowie Kinder- und Erwachsenengruppen aus dem Stadtteil, Bildungsprojekte mit Schulen, einen Gemüseverkauf sowie Veranstaltungen – insgesamt 10.000 Besucher und 350 Hochbeetpächter im Jahr nutzen die Angebote oder besuchen den Garten. Das Himmelbeet ist – auch im Zusammenspiel mit anderen wie dem Baumhaus in der Gerichtsstraße – ein bunter, offener, nachhaltiger und lebendiger Ort am Leopoldplatz.

Das Grundstück in der Ruheplatzstraße 12 gehört dem Bezirk Mitte und war eine dieser Brachen, die 2013 die sich gerade gründende Garteninitiative rettete. Ursprünglich sollte der Garten für Alle auf dem Dach des Schillerpark-Centers eröffnet werden. Das ging aus mehreren Gründen nicht, die Brache in der Ruheplatzstraße schließlich das Ausweichquartier. Am Standort in der Ruheplatzstraße entwickelte sich das Projekt, der Garten gedieh, viele grüne und nachhaltige Projekte siedelten sich an, Nachbarn bepflanzten die Hochbeete gemeinsam. Doch von Anfang an war zumindest dem Bezirk klar: es war ein Garten auf Zeit.

Vor drei Jahren wurde dann öffentlich bekannt, das der Bezirk die ihm gehörende Fläche anders vergeben will. Die Amandla EduFootball und die Oliver-Kahn-Stiftung wollen an dem Standort ein soziales Projekt entstehen lassen. Ein Fußball-Bildungszentrum, ein sogenanntes Safe Hub. Nach einer einmaligen Verschiebung des Baustarts soll das Zentrum nun im kommenden Jahr gebaut werden. Die Idee, die Nutzungen zu kombinieren und den Garten auf den Dach des neuen Fußballzentrums anzusiedeln, war schnell wieder vom Tisch. Nun muss das Himmelbeet zum Ende der bald beginnenden Saison ausziehen.

Eine neue Brache muss her

Dabei sah es bis kurz vor Weihnachten nach langer Suche endlich gut aus für die Zukunft des Himmelbeets. Es war ein Grundstück am Nordufer gefunden worden, unter der S-Bahn. Auch der Bezirk Mitte signalisierte seine Unterstützung für den Standort Mettmannplatz. In der Bezirksverordnetenversammlung kurz vor Jahresende aber kam die für die Gärtner unerwartete Botschaft: die neue Ausweichfläche ist keine Option. „Die Flächen gehören dem Bezirk. Diese sind aber durch das Bauvorhaben der S 21 planungsbefangen und stehen so nicht zur Verfügung“, sagte Bezirksstadträtin Sabine Weißler. Weiterhin erläuterte sie, dass die Flächen laut Plan von 2005 bereits für ausgleichende Umwelt- und Naturschutzmaßnahmen durch die Deutschen Bahn vorgesehen sind. Sabine Weißler teilte auf Anfrage mit, dass ihrer Meinung nach so alte Festlegungen „doch irgendwie verhandelbar sein sollten“. Doch diese Entscheidung liege nicht in ihrer Hand.

himmelbeet Januar2020Derzeit ist Winterpause im Gemeinschaftsgarten in der Ruheplatzstraße. Im April wird hier wieder gegärtnert. Foto: HenselSeitdem ist das Gartenprojekt wieder auf der Suche nach einer neuen Fläche, möglichst in der Nähe. Mereyem Korun vom Himmelbeet spricht für die Gärtner vom Leopoldplatz, wenn sie sagt: „Das kam jetzt sehr überraschend. Wir müssen uns erst Mal sammeln und überlegen, was wir jetzt machen“. Zunächst will man sich auf die vielen Projekte und die neue Gartensaison konzentrieren. Was den Ausweichort angeht, sei man flexibel, nur müsse der Ort gut zugänglich sein. Sabine Weißler ließ unterdessen mitteilen, dass sie aktuell weiterhin nach möglichen Ausweichflächen für das Himmelbeet suche.

Finanzieller Rückenwind für das Projekt

Sofern eine neue Fläche gefunden werden kann, hat die Garteninitiative bereits die Mittel für den Umzug in Aussicht. Der Senat hat kurz vor Weihnachten beschlossen, insgesamt 300.000 Euro in zwei Berliner Gemeinschaftsgarten-Projekte zu stecken: in die Prinzessinnengärten in Kreuzberg und ins Himmelbeet. Allerdings, so erklärt Mereyem Korun sei die Aufteilung der Förderung noch nicht geklärt. Doch alles Geld hilft nichts, wenn sich keine neue Fläche findet „wohin wir umziehen könnten“. „Wir halten einfach weiter die Augen offen“, sagt Mereyem Korun.

himmelbeet stadtnatur2018Interessierte Besucher beim Langen Tag der Stadtnatur im Himmelbeet vor zwei Jahren. Foto: Hensel