Karstadt am Leopoldplatz vor der Schließung

Selten waren wir so froh über einen veralteten Beitrag auf unserer Webseite wie heute. Er ist veraltet, weil am 3. August eine für unser Gebiet wichtige Nachricht kam: Das Karstadt am Leopoldplatz wird doch nicht schließen. Der Senat hat sich darauf mit Galeria Karstadt Kaufhof geeinigt.

Karstadt EckeKarstadt in der Müllerstraße. Foto: Hensel[Die Nachricht hat, auch wenn sie erwartet worden war, viele im Wedding erschüttert: Im Rahmen der Kürzungen im Konzern Galeria Karstadt Kaufhof soll auch die Karstadt-Filiale am Leopoldplatz schließen. Das Quartiersmanagement befürchtet, dass dies auch auf die Situation auf dem Leopolplatz Auswirkungen haben wird.ie Entscheidung zur Schließung teilte das Unternehmen am Freitag (19.6.) mit. Bundesweit ist die Schließung von 62 Warenhäusern angekündigt worden. Die Filiale in der Müllerstraße, die vor 42 Jahren eröffnete, ist eine sechs in Berlin, die von den geplanten Schließungen betroffen ist. Als Schließungstermin wurde der 31. Oktober genannt.

Im Karstadt am Leopoldplatz arbeiten 250 Menschen. In ganz Berlin sind 1000 bis 2500 Beschäftigte betroffen. Bereits am Tag nach den Mitteilung gab es eine spontane Protestaktion in der Müllerstraße, an der sich Beschäftigte der Filiale, Menschen aus dem Wedding und auch Bezirkspolitiker beteiligten. Weitere Proteste folgten. „Die angekündigte Schließung der Karstadt-Filiale an der Müllerstraße ist ein schlimmer Schlag für den Wedding sowie seine Bewohnerinnen und Bewohner“, schreibt Bezirksbürgermeister Stephan von Dassel (Grüne) auf einer eigens eingerichteten Unterstützungsseite. „Der Wedding braucht Karstadt und Karstadt braucht den Wedding. Für uns alle steht fest: noch geben wir den Standort nicht auf!“, schreibt er weiter.

Unter dem Hashtag #Karstadterhalten ruft von Dassel Anwohner*innen, Akteur*innen, Gewerbetreibende und Einrichtungen dazu auf, zu schreiben, warum ihr oder ihm die Offenhaltung des Karstadt Wedding am Herzen liegt, welche Erinnerung er/sie damit verbindet. „Am Ende der Aktion werden alle diese Mitteilungen an den Eigentümer, die Konzernführung und die Gewerkschaft Verdi übergeben in der Hoffnung, dass die Schließungsentscheidung zurückgenommen wird“, schreibt der Bezirksbürgermeister. Auf der Unterstützungsseite ist ausführlich beschrieben, wie sich interessierte Weddinger*innen konkret für den Standort des Karstadt einsetzen können.

Auch Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) und Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne) haben sich inzwischen mit einem Brief an die Vermieter der vor dem Aus stehenden Galeria-Karstadt-Kaufhof-Warenhäuser in Berlin gewandt. Sie wollen eine Mietsenkung und damit eine Sicherung der Standorte und Arbeitsplätze erreichen. Hohe Mieten gelten als ein Grund für die geplanten Schließungen.

Die Nachricht über die Schließung das Karstadt am Leopoldplatz hat auch das Quartiersmanagement Pankstraße überrascht. „Wir befürchten, dass sich durch eine Schließung und einen längerfristigen Leerstand die negativen Entwicklungen auf dem Leopoldplatz verschärfen werden“, sagt Quartiersmanagerin Sükran Altunkaynak. „Bewohner*innen berichten uns seit längerem von einer Zunahme krimineller Aktivitäten wie Drogenhandel- und Alkoholkonsum auf dem Platz sowie vor und in den angrenzenden Wohnhäusern, die sie verängstigen. Dies führt bereits dazu, dass Anwohner*innen den Platz meiden. Karstadt sowie die Geschäfte in der Müllerstraße leisten derzeit einen wichtigen Beitrag zur Belebung des öffentlichen Raumes und tragen damit auch zur sozialen Kontrolle bei. Fällt dies weg, befürchten wir, dass die Konflikte auf dem Leopoldplatz extrem zunehmen werden“, formuliert Sükran Altunkaynak die Haltung des QM-Teams.

Die 80 Filialen des ehemaligen Karstadt wurden erst am 15. März 2019 mit den etwa 90 Filialen der Kaufhof vereinigt. 35.000 Angestellte hat der Konzern, Eigentümer ist das österreichische Immobilienunternehmen Signa. Das Karstadt in der Müllerstraße eröffnete 1978, es umfasst 20.000 Quadratmeter.]

Text: Dominique Hensel, Andrei Schnell