SiQua-Forschungsprojekt: Sicher im Kiez ist relativ

Leopoldplatz als Vorbild? Eine Studie empfiehlt für mehr Sicherheit im Quartiersmanagement-Gebiet Pankstraße die Zusammenarbeit vieler Beteiligter. Wie beim Leo. Vor Ort trifft dieser Ratschlag auf Skepsis.

Sicherheit immer wieder Thema im Quartiersrat

siqua 2Workshop im Rahmen der SiQua-Studie im Quartier. Foto: HenselEs gab 2018 nicht wenig Hoffnung auf eine Besserung der Situation, als sich die Forschung dem Thema Sicherheit im Gebiet des Quartiersmanagements Pankstraße widmen wollte. Ab 2018 wählte ein Forschungsverbund unter Federführung der Deutschen Hochschule der Polizei das QM-Gebiet für eine Studie aus. Als eines von neun Fallbeispielen sollte konkret vor Ort ausgelotet werden, wie mehr Sicherheit erreicht werden kann. Im August dieses Jahres wurde das Ergebnis unter dem Titel „SiQua – Sicherheitsanalysen und -vernetzung für Stadtquartiere im Wandel‟ veröffentlicht. Der Bericht untersucht darin eine Frage, die im Quartier wiederholt intensiv diskutiert wird. Auch der Quartiersrat beschäftigt sich mit dem Querschnittsthema Sicherheit, Sicherheitsgefühl und Gefährdung. Für die Studie engagierten sich Anwohnende und Aktive in Workshops und brachten ihre Ideen ein.

Diesen Ratschlag gibt SiQua

Die Schlagworte für eine Verbesserung der Situation, die sich durch die Studie ziehen, lauten Gemeinwesenmediation und kommunale Sicherheitsvernetzung. Mit anderen Worten: wenn viele an einem Strang ziehen, kann etwas bewegt werden. Und: miteinander reden hilft auch beim Thema Sicherheit. Abgeschaut werden kann sich eine solche Vernetzung beim Leopoldplatz, heißt es im SiQua. Für den Platz gibt es neben dem Runden Tisch einen Präventionsrat, aufsuchende Jugendarbeit, städtebauliche Prävention, Suchtprävention, Sportangebote, Konfliktmediation und anderes mehr. Und natürlich auch Polizeiarbeit. Aus Sicht der Studie kann die Polizei allein allerdings nicht für mehr Sicherheit sorgen.

Nettelbeckplatz, Utrechter Dreieck, Nauener Platz

Ist eine solche Zusammenarbeit ein Vorbild für die Stadtplätze im Gebiet des Quartiersmanagements Pankstraße? Für den Nettelbeckplatz, den Platz an der Kreuzung Utrechter Straße und Malplaquetstraße sowie dem Nauener Platz? Anwohner vor Ort sind skeptisch, haben sich von der Studie mehr konkrete und sichtbare Maßnahmen erhofft. Sie empfinden den Zustand am Leopoldplatz nicht als ausreichende Lösung. Zustimmen können sie lediglich der Analyse, dass alle Plätze im Kiez „aufgrund ihrer Funktion als Treffpunkt für bestimmte Gruppen und des dort vorherrschenden Konsums von Alkohol oder Drogen von vielen als unangenehm empfunden werden‟. Eine Beschreibung, die in ihren Augen auch für den Leopoldplatz trotz jahrelanger Vernetzung zutrifft.

siqua 1Akeur:innen diskutieren beim Workshop im Rahmen der SiQua-Studie. Foto: Hensel

Quartiersmanagement als Stimme der Bewohner:innen

Die Studie trifft im Gebiet Pankstraße auf geteiltes Echo. Allgemein gesprochen ist Vernetzung eine gute Sache. Doch einige Anwohnende fragen, warum das Drogenproblem im Herzen des Weddings nicht aus einem übergeordneten, gesamtstädtischen Blickwinkel betrachtet wird, wenn über Lösungsstrategien nachgedacht wird?

Das Team des Quartiersmanagements sieht in der Studie keinen Schlussstein. Es wird die Sicht der vor Ort lebenden Menschen weiterhin aufnehmen und in die Verwaltung tragen. Zuhören und Menschen vor Ort ernst nehmen, werden weiterhin Aufgaben für ein gutes Zusammenleben im Kiez sein.

Zur Entstehung der Studie

SiQua Sicherheitsanalysen und -vernetzung für Stadtquartiere im Wandel ist ein Verbundprojekt, das das Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert hat. Im Verbund arbeiten die TU-Berlin, die Deutsche Hochschule der Polizei, die Universität Potsdam, die TU-Dresden und die Stiftung
Sozialpädagogisches Institut Berlin Walter May. Die Fallstudien untersuchten in den drei Städten Berlin, Dresden und Essen insgesamt neun Stadtteile.

Für den Stadtteil Wedding Zentrum wertete das SiQua-Projekt ortsbezogen die polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) aus, befragte repräsentativ Menschen, die im Umfeld wohnen und führte leitfadengesteuerte Interviews zur individuellen Einschätzung der Sicherheitslage und zum subjektiven Sicherheitsempfinden sowie Interviews mit verschiedenen Akteurinnen und Akteuren, die einen Beitrag zur Sicherheitsproduktion im Stadtquartier leisten.

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Text: Andrei Schnell, Foto: Dominique Hensel