Praxisnahe Erfahrungen für Jugendliche: Außerschulische Lernorte
In diesem Schuljahr haben die Schüler und Schülerinnen der 9. Klasse an der Herbert-Hoover-Schule wieder die Möglichkeit, Einblicke in Unternehmen und kulturelle und soziale Einrichtungen zu erhalten. Das Angebot an interessanten Lernorten reicht vom Amtsgericht Wedding über Kulturorte und Umweltbildungszentren bis hin zur Tischlerei oder Gerüstbau. Koordiniert wird das Projekt “Außerschulische Lernorte: Praxis.Info.Pankstraße” vom Friedrichshain-Kreuzberger Unternehmerverein e.V. sowie der Schule. Mit den beiden Projektleitern Cedrik Lutz und Martin Knauft haben wir einige Partnerinnen und Partner vor Ort besucht und uns einen Eindruck verschafft.
Im Gebiet um die Pankstraße besteht ein hoher Bedarf, Schülerinnen und Schüler durch praxisorientierte Bildungsangebote auf die wichtige Entscheidung zu ihrer Berufswahl vorzubereiten. Durch den Platzmangel in der Pandemie konkretisierte sich die Forderung nach außerschulischen Lernorten. Das schulische Lernen sollte durch alltagsnahe Erfahrungen an den Lernorten ergänzt werden. Im Januar 2022 startete das Projekt in die Pilotphase. Mit Beginn des neuen Schuljahres 2022/23 können nun alle 104 Schülerinnen und Schüler der 9. Klassenstufe jedes Halbjahr zwei außerschulische Lernorte an jeweils drei Dienstagen in Folge kennenlernen.
Das Team des Friedrichshain-Kreuzberger Unternehmerverein e.V. greift nicht nur auf einen reichen Erfahrungsschatz, sondern auf ein großes Netzwerk an potenziellen Partnerinnen und Partnern zurück. „Neu in unserer Arbeit war das Umdenken von einer sehr wirtschaftlichen Ausrichtung des Projekts hin zu diversen Lernorten. Den Schülern und Schülerinnen wollen wir eine Bandbreite an Einblicken bieten – und das natürlich so gut wie möglich auf ihre jeweiligen Interessen zugeschnitten. Ob Unternehmen, soziale Einrichtung, Kreativwerkstatt oder Verein“ so Knauft im Gespräch. Gemeinsam mit der Schule wurden die Themenfelder, welche den Schülerinnen und Schülern eröffnet werden sollen, definiert. Dazu gehören Unternehmen und Arbeitswelt, Kunst, Kultur und Medien, Informatik und digitale Medien sowie Umwelt und Natur. Die außerschulischen Lernorte sollen eine sinnvolle Alternative zum Schülerpraktikum darstellen, wobei in intensiven Workshops eine Fülle an Berufs- und Wirkungsfeldern vorgestellt werden. Das innovative Modell entlastet einerseits die Schulen und birgt andererseits Potenziale für die Jugendlichen und für Unternehmen auf der Suche nach Nachwuchs.
Cedrik Lutz erklärt weiter: „Bevor sich die Schüler und Schülerinnen ihren Lernort aussuchen können, machen wir uns gemeinsam mit den Partnern an die Programmerstellung. Dazu müssen wir erst einmal einige Fragen klären: Welche Berufe können die Jugendlichen kennenlernen und was wollen wir konkret vermitteln? Wo können sie sich einbringen und selbst ausprobieren? Inwiefern können die drei Tage am Lernort aufeinander aufgebaut werden? Oftmals haben die Partner selbst schon tolle und kreative Ideen, um die Schüler und Schülerinnen einzubinden. Das freut uns dann umso mehr.“ Im Anschluss geben die Schülerinnen und Schüler, das Lehrpersonal sowie die Partnerinnen und Partner vor Ort Feedback, welches in die nächste Phase eingearbeitet wird. Besonders der Auswahlprozess für die Jugendlichen sowie die Zusammenarbeit mit den Partnerinnen und Partnern konnte so aktiv weiterentwickelt werden.
Schulsozialpädagogin Kifah Massarwi begleitet ihre Schüler und Schülerinnen zu den unterschiedlichen Lernorten und freut sich vor allem über die Motivation, die von Woche zu Woche ansteigt. Durch die außerschulischen Lernorte werde ein Ausgleich zum schulischen Alltag geschaffen und eine neue Perspektive eröffnet. „Die Kinder sind interessiert und aktiv bei der Sache. Gleichzeitig lässt sich ein großer Druck von Außen erkennen, welcher heute schon auf den Jugendlichen lastet. Unsere Neuntklässler fragen die Partner aktiv nach möglichen Gehältern und fragen sich, ob sie damit in Zukunft über die Runden kommen“ so Massarwi. Die Workshops und Gespräche in den Lernorten sollen auch dazu beitragen, unterschiedliche Berufs- und Lebenswege aufzuzeigen.
Die im Wedding ansässige MiK Jugendkunstschule Berlin Mitte animiert die Jugendlichen, sich durch die Gestaltung eines Comics künstlerisch mit dem Thema Berufswahl auseinanderzusetzen. Halina Kratochwil will unter den Jugendlichen vor allem die Berührungsängste abbauen: „Nicht jeder muss wie ein Profi zeichnen können, um sich kreativ auszudrücken. Daher vermitteln wir in unserem Kunstprojekt verschiedene Techniken der künstlerischen Arbeit und Gestaltung.“
Das Hobby zum Beruf machen die Schüler und Schülerinnen im Safe-Hub Berlin. Den Jugendlichen wird durch ein Training auf dem Bolzplatz Sozialkompetenz und die Idee hinter dem Safe-Hub vermittelt. Im Büro an der Reinickendorferstraße erhalten die Schüler und Schülerinnen im Anschluss Einblicke in die Projektentwicklung.
„Wir wollen den Kindern zeigen, was hier im Büro geplant werden muss, damit wir am Ende beispielsweise ein Event durchführen können. Sie nehmen an unserem Team Meeting teil und lernen unseren Alltag kennen. Die Aktion ist aber auch eine großartige Chance für uns: Wir bekommen direktes Feedback und Ideen aus unserer Zielgruppe und können das in unser Konzept einarbeiten“ so die Leitung der Bildungsprogramme María Requena López. Im Safe-Hub haben die Jugendlichen in kurzer Zeit die Möglichkeit, unterschiedliche Tätigkeitsfelder zu erleben. Von der Sozialarbeit und Pädagogik über Projektmanagement bis hin zum Fundraising. „Besonders die Arbeit als Coach ist eine tolle Perspektive für junge Menschen. Wir wollen unseren Schülern und Schülerinnen zeigen: Hier könnt ihr schon in ein bis zwei Jahren selbst loslegen“ freut sich López.
In Zukunft sollten dauerhafte Kooperationsstrukturen zwischen Verwaltung, Gewerbe, Kunst- und Kultureinrichtungen sowie sozialen Trägern mit der Schule geschaffen werden. Voraussetzung für eine Weiterführung der außerschulischen Lernorte sind gestärkte Strukturen im Quartier, dazu gehört die Schulleitung genauso wie die Kooperationspartnerinnen und -partner. „Ein ganz besonderer Erfolg ist für mich, wenn die Jugendlichen mit den Partnern in Kontakt bleiben und sich im Anschluss an unsere Aktion eigenständig für ein Schülerpraktikum oder eine Ausbildung bewerben. Dann haben wir das bestmögliche Ergebnis erreicht“ resümiert Martin Knauft.