Ein Besuch auf dem Leopoldplatz
Eine Lehre aus der Coronakrise ist, weniger achtlos an Dingen vorbeizugehen. Unbemerkt bleibt vieles bis zu dem Tag, an dem es in Frage gestellt wird. Wie verblüfft die Kinder gucken, wenn man ihnen sagt: Ich gehe zum Leo, um ihn mir einmal anzuschauen. Was gibt es denn da zu sehen?
Wie der Leo aussieht
Das ist die Frage. Als erstes ist eine große freie Fläche zu sehen, die mit Katzenkopfsteinpflaster mosaikartig belegt ist, ohne dass sich aus den Einzelsteinen ein großes Bild ergibt. Der Boden ist uneben, drei flache Wellen treiben auf das Ufer zu, wenn denn die Müllerstraße ein Ufer ist. Eine Sperre ist sie, die Menschen haben nur zwei Furten an den Ecken des Leopoldplatzes, um sie zu queren. Auf einer anderen Seite des Leopoldsees erhebt sich ein massiger Berg: das Karstadt. Zu bestimmten Feiertagen blickt von dort eine übergroße Figur auf das Tal und seine Menschen. Eine Kirche, nicht mittig, nicht hoch, ohne Turm steht verloren neben einer uralten Linde. Damit man weiß, wo Leopoldplatz ist und wo einfacher Fußweg, gibt es steinerne Bänke, die ein Viereck bilden; nur eine Seite des Vierecks ist leer, dort steht eine Bushaltestelle. Ach ja, und die Sonne scheint. Die macht, dass der Platz nicht leer ist.
Welche Menschen auf dem Leo zu treffen sind
Obwohl der Leo vielleicht nie wirklich leer ist, Menschen sind immer da. Sie laufen wie aufgescheucht umher, zum Bus, zur U-Bahn, zum Einkaufen, fahrig wie nach einer durchwachten Nacht. Aber im Sommer, auch wenn die Fontänen abgeschaltet sind, haben einige plötzlich Zeit, sitzen auf dem Bankwall. Nicht im Kreis, sondern nebeneinander. Ein Liebespaar so eng es geht, eine Mutter schuckelt einen Kinderwagen, ein Radfahrer wartet auf seine Kumpels, jemand schottet sich mit Kopfhörern und Kaffeebecher ab, zwei Handwerker schwatzen, während sie ins Handy tippen. Das Café Leo hat Gäste, auf Gartenstühlen links vom Café Leo und rechts auf Eiscaféstühlen sitzen sie zu zweit. Gegenüber ist ein mobiler Kaffeestand. Hier zählt beim Kaffee das Gespräch mit dem Barista. Man kennt sich und wenn nicht, dann bekommt man eine Treuekarte in die Hand gedrückt. Ein Schweinchen mit der Aufschrift „Schwarzgeld“ bittet um Trinkgeld. „Wir sehen uns“, heißt es zum Abschied.
Was man machen kann
Hinter der sich duckenden Kirche geht der Leopoldplatz weiter. Auf einer Art Promenade unter schweren Bäumen stehen Männer in Gruppen und schwenken Bierflaschen. Daneben versteckt sich ein Kindergarten hinter einer Sichtfolie. Dann treten die Bäume zurück und ein Spielplatz öffnet sich. Väter und Mütter zeigen Knirpsen wie man schaukelt, buddelt oder klettert. Ein Erwachsener sitzt beim Rucksack. Aber nur kurz. Ein Bus schiebt sich durch Turiner Straße. In der parkt manchmal das Mobil der Drogenhilfe. Die Kirchentüren der Neuen Nazarethkirche stehen weit offen. „Universal Hilfszentrum UKRG Berlin Willkommen“ steht auf einem Banner. Schräg gegenüber schließt eine junge Frau mit wilden Haaren das Tor zum Himmelbeet auf. Ganz am Ende, dort wo der Leo schon wieder Maxplatz genannt wird, kurven Kinder über Asphalthügel.
Wie gefällt Euch der Leopoldplatz? Wie fühlt ihr Euch dort?
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Foto und Text: Andrei Schnell