Ideensammlung für den Kiez per Video und im Chat
Digitale Formate sind im Moment überall. Digitale Workshops, Online-Konzerte, Vereinssitzungen als Videochats, Podcasts und vieles mehr – aufgrund der Corona-Pandemie sind diese Veranstaltungen auf Distanz jetzt geboten. Sie bieten neben den Einschränkungen aber auch neue Möglichkeiten. Kiezreporterin Dominique Hensel war am Mittwoch (20.1.) bei der ersten digitalen öffentlichen Quartiersratssitzung im Gebiet Pankstraße dabei und beschreibt hier ihren Eindruck.
Etwas ungewohnt ist ein solches Treffen im ersten Moment schon, denn es findet für mich gefühlt in meinem Wohnzimmer statt. Es ist ein wenig, als hätte ich die Quartiersrätinnen, Quartiersräte und die drei Quartiersmanagerinnen zu mir nach Hause eingeladen. Dort sitzen wir nun auf meinem Sofa, selbstverständlich nur zusammengeschaltet über den Bildschirm. Ich lasse meine Videofunktion während der ganzen Sitzung eingeschaltet, manche tun es mir gleich, bei anderen schaue ich die Sitzung über nur auf einen Namenszug und lausche neugierig, was die Stimmen im Off sagen.
Das Ziel der Sitzung ist es, Ideen zu drei Gebieten (Handlungsfeldern) zu sammeln. Später können diese Ideen in neue Projekte einfließen, erklärt Quartiersmanagerin Sükran Altunkaynak. „Wir wollen heute über Bedarfe im Quartier sprechen“, moderiert sie die Sitzung an. Die Themenfelder, um die es geht, sind Integration und Nachbarschaft, Öffentlicher Raum, Gesundheit und Bewegung.
Es folgt der Moment, in dem in der oft Schule das große Schweigen beginnt: Ideen sind gefragt, jeder ist aufgerufen, seine Gedanken zu äußern. Doch ein Schweigen tritt nicht ein. Die Quartiersrätinnen, Quartiersräte und die eingeladenen Gäste haben viele Ideen für Verbesserungen in der Nachbarschaft. Es geht darum, ob Schulhöfe geöffnet werden können, wie die Aufenthaltqualität auf Freiflächen erhöht werden kann. Spaziergänge für bestimmt Zielgruppen werden vorgeschlagen, Sportgeräte im Freien, mehr Mehrwegangebote für den Kiez gewünscht. Die Liste ist lang, die Ideen vielfältig, die Perspektiven der Quartiersrätinnen und Quartiersräte auf ihren Kiez sehr verschieden.
Während des Brainstormings schaue ich auf eine große Pinnwand, die die Quartiersmanagerinnen auf den Bildschirm geteilt haben und die sie unablässig wie von Zauberhand mit neuen Notizzetteln ergänzen. Auf ihnen sind die immer neuen Ideen vermerkt. Blaue, orange, gelbe und rosa Zettel werden beschrieben und den drei Handlungsfeldern zugeordnet. Am Ende ist ein bunt und reichlich besteckte Pinnwand zu sehen, die Lust macht, die Ärmel hochzukrempeln und gleich etwas in die Tat umzusetzten. Doch so schnell geht es nun auch wieder nicht.
Damit die Ideen zu Projekten werden und mit Mitteln aus dem Programm „Sozialer Zusammenhalt“ gefördert werden können, so erfahren wir vom Quartiersmanagement, sind noch mehrere Schritte nötig. Die zusammengesammelten Gedanken von der Pinnwand werden noch weiter diskutiert (nochmals mit dem Quartiersrat, mit dem Bezirk, dem Senat) und ergänzt und fließen später zu neuen Projekten zusammen, die dann ausgeschrieben und schließlich von den so gefundenen Trägern umgesetzt werden. Ob die folgenden Schritte und Abstimmungen wohl auch digital stattfinden, frage ich mich. Falls ja, dann bin ich durch diese Sitzung überzeugt, dass das kein großer Nachteil sein muss.
Ganz besonders zeitgemäß ist bei diesem Format meiner Meinung nach die Chatfunktion des Konferenzprogramms. Es verhindert ein Dazwischenreden und ermöglicht doch, spontane Gedanken unmittelbar festzuhalten. Im Chat entspinnt sich so ergänzend ein eigener Gesprächsstrang. Gedanken werden schriftlich geteilt und weiter bewegt. So kommen auch die stärker zu Wort, die nicht so gern im Rampenlicht einer Videokamera stehen oder in Gruppen ihr Wort erheben. Die Quartiersmanagerinnen übertragen auch diese Gedanken auf die Pinnwand – so geht nichts verloren. Auch ich als Gast kann nicht wiederstehen und wünsche mir im Chat mehr gedruckte Informationen über den Kiez. Und schon bin ich mitten drin im Gedankenaustausch bei der ersten digitalen öffentlichen Quartiersratssitzung.
Text: Dominique Hensel, Fotos: Quartiersmanagement Pankstraße